Wüstenrot - Plusenergiesiedlung Vordere Viehweide

 

  • Vordere Viehweide II
    Vordere Viehweide II

    Baugebiet mit Blick auf den Agrothermiekollektor im Hintergrund

  • Agrothermiefläche
    Agrothermiefläche

    Wiese mit Agrothermiekollektor

  • Wüstenrot Vordere Viehweide II
    Wüstenrot Vordere Viehweide II

 

Projektbeschreibung

Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer belastbaren Roadmap für eine energieautarke bzw. Plusenergie-Gemeinde Wüstenrot. Sie soll in einem Energienutzungsplan für Wüstenrot festgeschrieben und bis zum Jahr 2020 umgesetzt werden.


Die Kommune

Bereits 2007 hatte die Gemeinde Wüstenrot beschlossen, bis 2020 energieautark zu werden. Ein erster Schritt war der Erwerb des Stromnetzes von der EnBW durch die emw (energieversorgung mainhardt wüstenrot). Die Netzübernahme erfolgte im Juni 2012.


Status quo Siedlung

Wüstenrot liegt im Süden des Landkreises Heilbronn, hat rund 6.600 Einwohner und eine Fläche von 3.002 Hektar (rund 30 km²), davon 1.582 Hektar Wald (52,7%). Die Gemeinde besteht aus 5 Teilorten. Das zentrale Umsetzungsprojekt (EnVisaGe), die 14.703 m² umfassende Plusenergie-Mustersiedlung „Vordere Viehweide“, ist Bauland. 7 Gebäude sind bereits erstellt und an das Kaltwärmenetz angeschlossen. Aufgrund der großen Nachfrage wird im August 2015 ein zweites Agrothermiefeld errichtet und an das Kaltwärmenetz angeschlossen.

 

Projekt

Im Rahmen des Projekts EnVisaGe soll eine belastbare Roadmap für eine energieautarke bzw. Plusenergie Gemeinde Wüstenrot im Jahr 2020 entwickelt und in einem Energienutzungsplan für Wüstenrot festgeschrieben werden. Hierzu werden über ein GIS basiertes 3D-Stadtmodell (derzeit in Entwicklung) Potenziale für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen analysiert und Szenarien berechnet. Begleitend werden Strategien zur wirtschaftlichen Erschließung dieses Potenzials entwickelt. Außerdem werden Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebestand sowie in der Abwasserentsorgung und Frischwasserversorgung untersucht und ausgewertet.

Der wirtschaftliche Ausbau erneuerbarer Energiequellen im Strombereich wird durch Vermarktbarkeit, die Gleichzeitigkeit von Erzeugung und lokalem Verbrauch sowie die Netzinfrastruktur beeinflusst. Für die Netzstabilität ist eine intelligente Steuerung von regelbaren Verbrauchern und Verbrauchergruppen, Speichern und dezentralen Energieerzeugungsanlagen über ein intelligentes Stromnetz (SmartGrid) von zentraler Bedeutung. Am Beispiel des Stromnetzes der emw werden die Zusammenhänge in verschiedenen Szenarien untersucht, bewertet und in einem Leitfaden gebündelt. Konkret werden mit Hilfe von Simulationen die Belastbarkeit des Stromnetzes für unterschiedliche Ausbauszenarien untersucht, Schwachstellen lokalisiert, notwendige Netzausbauszenarien und der Bedarf an intelligenter Netz- und Verbrauchssteuerungen ermittelt. Weiterhin wird der Ausnutzungsgrad der Erzeugungsanlagen und damit Kosten und Nutzen über ein Jahr bestimmt. Ein erster konkreter Schritt zur Plusenergiegemeinde wird in der Plusenergiemustersiedlung „Vordere Viehweide“ modellhaft umgesetzt, inklusive einer kalten Nahwärmeversorgung über ein Agrothermiewerk und ein intelligentes Lastmanagement. Dazu werden alle Energieflüsse der Siedlung einem detaillierten Monitoring unterzogen.

 

 


Konzept

Auf Basis eines GIS-basierten 3D-Stadtmodells wird der gebäudebezogene Ist-Zustand der Gesamtgemeinde erfasst und der Status quo des Energiebedarfs und der Energieerzeugung (über vorhandene PV- und solarthermische Anlagen) errechnet. Es folgt die Erfassung des Potenzials erneuerbarer Energien auf gemeindeeigener Gemarkung (Solarenergie, Windkraft, Biomasse, Geothermie) und die Berechnung verschiedener Szenarien zu deren Ausbau. Gleichzeitig wird das Stromnetz im Hinblick auf dessen Belastbarkeit und einen ggf. notwendigen Ausbau und im Hinblick auf die Umsetzung von SmartGrid-Komponenten zum intelligenten Lastmanagement untersucht.

Mit der Plusenergie-Mustersiedlung wird eine erste Umsetzungsmaßnahme realisiert, die die Gemeinde dem Ziel, energieunabhängig zu werden, näher bringt. Weitere Maßnahmen, z.B. ein Nahwärmenetz mit Biomasse-KWK und dezentraler Solarthermieeinspeisung, werden in der Projektlaufzeit ebenfalls umgesetzt. In der Plusenergie-Mustersiedlung werden PV-Anlagen zur Stromerzeugung mit dezentralen Wärmepumpen und Wärmespeichern zur Wärmebereitstellung sowie Batterien zur Stromspeicherung kombiniert. Ein intelligentes Lastmanagement das neben der Optimierung der Eigennutzung des PV-Stroms auch ein übergeordnetes stromnetzbasiertes Lastmanagement über das Virtuelle Kraftwerk von Vattenfall ermöglicht wird ebenfalls realisiert und in der Projektlaufzeit untersucht. Als besondere Innovation zur netzgebundenen Wärmeversorgung von Baugebieten mit geringer Bebauungsdichte und hohem Wärmeschutzstandard wird in der Plusenergiesiedlung ein sogenanntes kaltes Nahwärmenetz realisiert, das über Agrothermiekollektoren und voraussichtlich Abwärme aus einem benachbarten Supermarkt mit Niedertemperaturwärme für die dezentralen Wärmepumpen versorgt wird.


Finanzierung

Im Rahmen von EnVisaGe werden auch innovative Finanzierungsmodelle für die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen und zur Realisierung erneuerbarer Energieerzeugungsanlagen erarbeitet. Die Ergebnisse sollen in einem Finanzierungsleitfaden zusammengefasst und so auch anderen Gemeinden zugänglich gemacht werden.


Realisierung

Der Bau der Plusenergiesiedlung „Vordere Viehweide“ hat begonnen. Das erste Agrothermiefeld nach dem "System Doppelacker" ist angelegt, die ersten 7 Gebäude an das Netz angeschlossen. Die Vermarktung der Baugrundstücke läuft gut, ein weiteres Agrothermiefeld wird im August 2015 erstellt und an das Kalwärmenetz angeschlossen.

 


Evaluierung

Monitoringkonzepte für das Agrothermiefeld und die Plusenergie-Mustersiedlung sind derzeit in Entwicklung - 10 Häuser werden intensiv vermessen. Die Erhebung der Datengrundlage zum Ist-Zustand der Gebäude im Gemeindebereich steht kurz vor dem Abschluss und wird in das 3D-Stadtmodell einfließen.


Links zum Projekt

 


Publikationen zum Projekt

Fachzeitschriften:

  • Dürand, Dieter: Vernetzte Welten. Wirtschaftswoche/Green Economy, 24.9.2012, S. 6-8.
  • Mietzker, Thomas: Eine schwäbische Gemeinde probt die Energiewende, cci Zeitung, 25.10.2012

Fachvorträge:

  • Pietruschka, Dirk: Wärmeversorgung über ein kaltes Nahwärmenetz mit Agrothermie und Abwärme aus Kühlanwendungen. Vortrag, TWK Fachsymposium Kalte Nahwärme und Eisspeicher, 7. März 2013, Karlsruhe.
  • Kluge, Jürgen; Grosa, André: Agrothermie – Oberflächennahe Geothermie und Doppel-Bodennutzung. Vortrag im Rahmen des Energieforums Havelland-Fläming, 19. November 2012, Potsdam.
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